Laurence Müller und Kaspar Bürge über ihr junges Fotografie-Unternehmen, ihre Freundschaft und bizarre Anfragen.
Beschreiben Sie Ihr Unternehmen in wenigen Sätzen.
Kaspar Bürge: Wir porträtieren Menschen – sei es fotografisch oder in Videos. Dazu zählen Bewerbungsfotos, Passfotos, Porträts, Familien- oder Paarfotos. Ausserdem begleiten wir Hochzeiten in Form von Foto- und Videoreportagen. Beliebt ist auch unsere mobile Fotobox, die wir für Hochzeiten oder Firmenfeste vermieten.
Wie kommt ihr auf den Namen «Fotoman»?
Laurence Müller: Was der Milchmann früher für die Milch war, wollen wir heute für die Fotografie sein. Der Kunde soll unkompliziert zu seinen Bildern kommen. Wir legen auch viel Wert auf Transparenz. So haben wir zum Beispiel unsere Preise auf der Website aufgelistet. Das ist eher unüblich.
Wie ist «Fotoman» entstanden?
Bürge: Laurence und ich sind alte Schulfreunde und haben später auch gemeinsam Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel studiert.
Müller: Die Fotografie war eigentlich schon immer mein Hobby. Sie war für mich auch ein wertvoller Ausgleich zu meinem Studium und meinem Nebenjob in der Gastronomie. Das war allgemein bekannt, und so kam es, dass ich regelmässig für Musikvideo-Drehs oder Fotoshootings angefragt wurde.
Bürge: Er hat diese Aufträge dann jeweils unentgeltlich angenommen. Also habe ich ihm gesagt: Gib deiner Dienstleistung doch einen Preis. Laurence war zunächst unsicher, ob er für sein Hobby Geld verlangen kann. Irgendwann habe ich ihm eine ganz simple Website aufgezogen. Das erste Fotostudio richteten wir im Nebenzimmer unserer WG ein. Dort startete Fotoman mit einer Occasion-Kamera. Das war 2019. Seither machen wir das zu zweit.
Müller: Heute haben wir ein professionelles Fotostudio in der Steinenvorstadt und ich darf vollberuflich als Fotograf arbeiten.
Und was ist mit Ihnen, Herr Bürge?
Bürge: Ich erledige gewisse administrative Aufgaben, arbeite aber zu 100 Prozent im Private Banking. Ich liebe diesen Job und plane zurzeit nicht, ihn aufzugeben. Ich bin ganz glücklich, wie es jetzt ist.
Selbstständig zu sein. Was bedeutet Ihnen das?
Bürge: Die Selbstständigkeit war immer unser Traum, wir spielten schon länger mit dem Gedanken. Es hat aber nie gepasst, bis sich das mit Fotoman ergab. Selbstständigkeit bedeutet für mich Freiheit. Man ist sein eigener Boss und kann Dinge selbst in die Hand nehmen. Niemand sagt einem, was man zu tun hat... ausser vielleicht ich zu Laurence (lacht).
Was ist die beste Entscheidung, die Sie je getroffen haben?
Müller: Das tönt jetzt vielleicht kitschig. Aber: Dass wir beide zusammenarbeiten. Wir ergänzen uns sehr gut und wollen immer das Beste füreinander. Wir spalten auch keine Rappen, wenn es einmal kompliziert wird. Wie in einer Beziehung ist es eigentlich ein kontinuierlicher Entscheid füreinander (lacht).
Bürge: Ja, nach all diesen Jahren sind wir immer noch bestens befreundet. Ohne den jeweils anderen hätte wohl keiner von uns den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.
Wo mussten Sie Lehrgeld zahlen?
Bürge: Als Unternehmer läuft zwangsläufig nicht immer alles nach Plan. Wo sind wir auf die Nase gefallen?
Müller: Zu Beginn haben wir manchmal zu knapp kalkuliert. Wir stellten eine Offerte aus, nur um später zu erkennen, dass es viel mehr Arbeit ist als ursprünglich angenommen. Dann war ein Auftrag schnell nicht mehr lukrativ.
Bürge: Weiter fällt mir da noch die Corona-Pandemie ein. Wir standen plötzlich ohne Aufträge da. Das war eine schwierige Zeit. Wir hatten Glück, dass wir zu jenem Zeitpunkt noch nicht alles in die Fotografie investiert hatten. Rückblickend eröffneten sich in dieser schwierigen Zeit sogar Chancen, weil sich der Markt während Corona tragischerweise ausgedünnt hatte.
Wenn Sie einen Wunsch an die Politik freihätten, wie würde dieser lauten?
Müller: Ich habe keinen konkreten Wunsch. Die Politik tangiert unser kleines Geschäft wenig.
Bürge: Laurence, du musst ja auch kaum Bürokratie machen (lacht). Nein, im Ernst: Ich kann mir schon vorstellen, dass es für einen Fotografen, der neben seinem Kerngeschäft noch die ganze Bürokratie machen muss, schwierig ist. Aber wir ergänzen uns da gut. Ich nerve mich selten über Politisches.
Was zeichnet gutes Unternehmertum aus?
Bürge: Wichtig ist, für den Kunden zu arbeiten und ihm mit der Dienstleistung einen echten Mehrwert zu bieten.
Müller: Ja, der Kontakt zu den Kunden ist das A und O. Wichtig ist auch, innovativ zu bleiben, neue Ideen zu entwickeln und sich immer wieder mal kritisch zu hinterfragen.
Was unterscheidet euch von euren Konkurrenten?
Bürge: Wir versuchen, so unkompliziert wie möglich zu sein und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Das beginnt zum Beispiel bei der einfachen Termin-Buchung. Sehr wichtig ist uns auch, dass sich die Kunden bei uns und vor der Kamera wohl fühlen – das kann Laurence sehr gut!
Müller: Diesbezüglich möchte ich noch betonen: Das Einvernehmen mit anderen Fotografen ist in der Regel sehr gut. Wir empfehlen uns zum Beispiel gegenseitig, wenn man verhindert ist. Oder wir organisieren am Wochenende ein kleines Fotoshooting.
Wie wichtig ist eine gute Platzierung bei der Google-Suche?
Bürge: Wenn es um Pass- und Porträtfotos geht, ist die Google-Suche eminent wichtig. Die Leute müssen dich direkt finden, denn ein Grossteil der Menschen schaut nur die obersten Resultate an. Zu Beginn habe ich viel Zeit investiert, damit der Fotoman bei Google gut platziert ist. Ich glaube, das wird bisweilen unterschätzt. Gleichzeitig müssen natürlich die Bewertungen stimmen. Im Bereich der Hochzeit ist die mündliche Empfehlung dagegen wichtiger.
Welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz?
Müller: Ganz allgemein durchlebt die Fotografie einen schnellen Wandel. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass ich zunehmend Hochformat-Videos und -Fotos für Plattformen wie Instagram, Facebook und Tiktok machen darf. Entsprechend wichtig ist es, mit der Zeit zu gehen. Ein Beispiel: Ich nutze heute völlig andere Programme als noch vor zwei Jahren. Darunter sind auch solche, die auf künstlicher Intelligenz basieren.
Was sind die Folgen für Fotoman?
Müller: Die künstliche Intelligenz bietet Möglichkeiten: Erst neulich habe ich bei jemandem versehentlich beim Fotografieren den Fuss abgeschnitten. In der Vergangenheit hätte ich in dieser Situation einfach Pech gehabt. Aber mit künstlicher Intelligenz konnte ich dieses Missgeschick korrigieren und den fehlenden Fuss einfach digital anfügen. Ist der Aufschwung der künstlichen Intelligenz und der Wandel allgemein auch eine Gefahr? Wohl schon. Jedenfalls war die Fotografie vor 20 Jahren viel lukrativer als heute. Aber wir versuchen immer, die Chancen zu sehen und Lösungen zu finden.
Bürge: Diesbezüglich haben wir als junge Fotografen vermutlich einen Vorteil. Es fällt uns einfacher, mit der Zeit zu gehen.
Und was ist mit Handykameras?
Müller: Handykameras machen heute hervorragende Bilder, wenn sie genug Licht haben. Aber es geht auch um den Fotografen. Mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl dafür, was ein gutes Foto ausmacht. Das bedeutet, dass man sich mehr auf die Menschen vor der Kamera fokussieren kann, damit sich die Kunden wohlfühlen. Weil Bilder von Emotionen leben, ist das schlussendlich entscheidend. Aber klar: Wenn ich Bilder mache, habe ich den Anspruch, besser zu sein, als wenn Kaspar oder Sie Handybilder machen (lacht). Und wenn die Bedingungen schwierig sind, etwa bei schlechtem Licht oder grossen Distanzen, sind professionelle Kameras immer noch viel besser.
Was braucht mehr Zeit, das Fotografieren oder die Nachbearbeitung?
Bürge: Die Bearbeitung braucht etwa doppelt so viel Zeit wie das Fotografieren.
Sie haben tausende Menschen fotografiert. Was haben Sie Bizarres erlebt?
Bürge: Wollen wir das verraten?
Müller: Mir fällt da eine Anfrage eines Herren ein. Er wollte sich zu Hause nackt fotografieren lassen, um seiner Partnerin einen entsprechenden Kalender zu machen. Diesen Auftrag haben wir abgelehnt.
Wo liegt die Grenze?
Bürge: Das kann ich nicht so genau sagen. Aber wir haben immer wieder absurde Anfragen – auch was den Preis betrifft. Wenn wir eine Hochzeit begleiten, hat das nun mal seinen Preis. Wir leben nicht von Luft.
Was ist das Coolste, was Sie als Fotograf erlebt haben?
Müller: Schwierig zu sagen. Eindruck hat mir eine Orgelspielerin im Stadtcasino gemacht. Die Stimmung war ganz speziell. Und wir durften einmal mit der SRG zusammenarbeiten. Das ist mir auch in Erinnerung geblieben.
Bürge: Ich finde Hochzeitsvideos total schön. Sie werden unterschätzt.
Hattet ihr auch schon Prominente vor der Kamera?
Müller: Viele waren es nicht. (lacht) Wir hatten schon FCB-Spieler vor der Linse. Und im Stadtcasino durfte ich den Geiger David Garrett fotografieren. Anschliessend nutzte er das Bild auf seiner Webseite, was für uns ein grosses Lob war. Das Schönste für mich ist, wenn ich sehe, dass unsere Fotos gebraucht werden.
Welche Ziele habt ihr noch?
Müller: Es ist ein Wunsch, eines Tages Aufträge im Ausland wahrzunehmen, etwa in London oder New York. Ob das realistisch ist? Wer weiss. Zudem hoffe ich, dass der Fotoman auch in 5 Jahren noch besteht, wir dann noch etablierter sind und die Aufträge etwas vielfältiger werden. Aber beklagen will ich mich wirklich nicht.
Ist es auch eine Option, den Stellenetat zu erhöhen?
Müller: Es haben auch schon andere Menschen in unserem Namen fotografiert, womit wir leider nicht nur gute Erfahrung gemacht haben. Unsere einzige richtig negative Bewertung resultiert aus einer solchen Zusammenarbeit. Trotzdem erweitern wir unser Team: Kürzlich haben wir jemanden für die Betreuung unserer Social-Media-Kanäle engagiert. Ausserdem haben wir mittlerweile ein Netzwerk aufgebaut, das es uns ermöglicht, bei Hochzeiten, wo wir Video und Fotoaufträge wahrnehmen, einen zweiten Fotografen hinzuzuziehen.
Was ist die Champions League der Fotografie?
Müller: Bei Porträt- und-Studio-Fotografien ist es eine «Hasselblad». Das ist eine schwedische Kamera, die auch schon auf dem Mond war. Auf dem Mond fotografieren. Das wäre auch was. (lacht)
Bürge: Jetzt haben Sie ihm etwas in den Kopf gesetzt!
Ihr letztes Wort?
Bürge: Ich möchte junge Menschen mit einer Vision dazu ermutigen, sich selbstständig zu machen. Denn meine Erfahrung ist, dass vielen Mut dazu fehlt.
Das Interviews wurde von Nils Hinden von Prime News geführt. Das gesamte Interview inkl. Fotos sind auf der Primenews-Webseite zu finden.
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